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Rosé – die Leichtigkeit des Seins

Erfahren Sie alles über den Roséwein.

Veröffentlicht am 21. Juni 2018
Nun hat die Wärme auch uns erreicht und fast hat man das Gefühl, der Winter wäre direkt in den Sommer übergegangen. Die Parks sind bevölkert mit Menschen, die sonnenhungrig die warmen Strahlen auf der Haut genießen und endlich können wir wieder den Tisch auf der Terrasse decken, Freunde einladen und mit Ihnen den Frühling genießen. Was gibt es da Schöneres, als zur frühlingshaft leichten Küche ein Glas Rosé zu servieren? Zu sehen, wie der gekühlte Wein außen am Glas Perlen entstehen lässt, während der lachsfarbene Wein sich in den Sonnenstrahlen bricht? Kaum ein Wein verkörpert so sehr die Frische des Frühlings und des herannahenden Sommers wie der Rosé. Er verbindet dabei zwei Weinwelten und kombiniert die Frucht des Rotweins mit der Frische des Weißweins.

Theoretisch gibt es eine ganze Menge an Möglichkeiten, wie man einen roséfarbenen Wein erzeugen kann. Denn es ist natürlich möglich, Rotwein mit Weißwein zu mischen. Dies wird auch gemacht und solche Weine sind in Deutschland beispielsweise als Rotlinge bekannt. Doch dürfen diese Weine ebenso wenig als Rosé bezeichnet werden wie Weißweine, die so lange mit ihrer leicht rötlichen Haut vergoren wurden, dass der Saft einen orangefarbenen Ton angenommen hat. In der gesamten Europäischen Union darf lediglich jener Wein als Rosé bezeichnet werden, der ausschließlich aus Rotweintrauben gekeltert wurde – bis auf zwei Ausnahmen: beim Champagner darf Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier zu einer Rosé-Cuvée verarbeitet werden wie auch beim Cvicek, einem slowenischen Wein mit langer Tradition.

Um den Wein charmant erröten zu lassen, gibt es kellertechnisch gesehen zwei Varianten. Meist werden die roten Trauben wie Weißweintrauben gepresst. Während des Pressverfahrens bleibt der Saft, der ja auch bei Rotweintrauben zunächst weiß ist, nur kurz mit den eigenen Traubenhäuten in Verbindung. Während dieser kurzen Zeit lösen sich Farbpigmente, die sich dann im Wein wiederfinden. Eine zweite Methode nennt sich im Französischen Saignée, was so viel wie Bluten heißt. Dieses Verfahren, das weniger romantisch als Saftabzug bezeichnet wird, wird vor allem von den Weingütern angewendet, die gleichzeitig ihren Rotwein stärker konzentrieren möchten und einen guten Rosé erzeugen wollen. Hier werden die besten Rotweintrauben des Weingutes angequetscht und der Saft verbleibt bis zu zwei Tage auf der Maische, bevor er dann abgelassen wird. Weine, die eine kurze Maischestandzeit hatten, bevor sie gepresst wurden, bezeichnet man im Französischen als Vin Gris, im Deutschen nennt man sie Weißherbst.


Die Provence gehört zu den wenigen Anbaugebieten, in denen der Rosé die wichtigste Rolle spielt.

Die Tradition des Rosé ist jahrhundertealt und es gibt Weingegenden, in denen der Rosé populärer ist als Weiß- und Rotweine. Einer der berühmtesten Rosé ist der Tavel. Er erhielt seinen Namen von der gleichnamigen südfranzösischen Gemeinde, in der schon seit der Römerzeit Wein erzeugt wird. Der typische Rosé des kleinen Ortes wird seit dem 17. Jahrhundert erzeugt und findet sich auf den Weinkarten der besten Restaurants der Welt. Ebenso bekannt für ihren Rosé ist die Provence, deren betont lachsfarbener Wein in den typischen kegelförmigen Flaschen schon in den Siebziger- und Achtzigerjahren zum Exportschlager wurde. Ähnlich verhält es sich mit dem Bardolino vom Gardasee. Es waren in beiden Fällen vor allem deutsche Urlauber, die diese Weine aus den Ferien mit nach Hause brachten und mit jeder Flasche, die man auf der heimischen Terrasse genoss, wurde die Erinnerung an vergangene Urlaube wachgerufen und das Fernweh genährt. Beide Weingegenden stehen für einen leichten Stil des Rosé, bei dem die Aromen von saftig roten Beerenfrüchten auf mineralische Frische stoßen.

Ob sich der Wein nun dunkel und farbintensiv oder hell und lachsfarben präsentiert – die Intensität der Farbe hat wenig mit der Ausprägung der Aromen zu tun, denn die entstehen natürlich nicht in den Beerenhäuten, sie sind vielmehr das Ergebnis der Auswahl an Traubensorten. Für die Provence und den Süden Frankreichs wird vor allem die fruchtbetonte Grenache verwendet, ebenso Cinsault und Syrah; am Gardasee sind es vor allem Corvina und Rondinella, also jene Trauben, die auch für den roten Valpolicella genutzt werden. Eine eigene Tradition hat sich in Kalifornien herausgebildet, wo aus dem sonst tiefdunklen Zinfandel ein meist süßer Rosé gekeltert wird, der den Namen Blush trägt, während man in Chile eher auf Cabernet und Carmenère setzt. In Deutschland wiederum hat der Spätburgunder Tradition, dessen an Erdbeeren und Himbeeren erinnernde Aromen vortrefflich mit dem Rosé-Stil harmonieren. Ob also Blush oder Pink, Vin Gris oder Weißherbst – diese herrlich frischen Weine stehen für Sommerfrische und Leichtigkeit, Trinkgenuss und unbeschwerte Lebensfreude und sind einfach ein großer Genuss.

Christoph Raffelt

Christoph lehrt als Dozent an der Deutschen Wein- und Sommelierschule Hamburg. Er schreibt und podcastet bereits seit mehr als acht Jahren in seinem privaten Blog originalverkorkt.de und verfasst Weinkritiken und Artikel für verschiedene weitere Medien. Für seine Reihe über die Winzer der Champagne und unabhängigen Häuser wurde er 2014 mit dem Wine Online Award für den besten Weintext des Jahres ausgezeichnet.